Der in Deutschland weitgehend unbekannte US-Finanzminister Scott Bessent zählt zu den wichtigsten Mitgliedern der Trump-Administration. Norbert Hagen erläutert seine Pläne.

Die gute Nachricht lautet, dass der neue US-Finanzminister Bessent etwas von Wirtschaft und noch mehr von Finanzmärkten versteht. Der ehemalige Hedgefonds-Manager gründete die Investmentgesellschaft Key Square Group und arbeitete lange Zeit als Chief Investment Officer bei Soros Fund Management. Seine berufliche Laufbahn begann er mit einem Praktikum bei dem bekannten Hedgefonds-Manager Jim Rogers.

Nun ist Bessent seit Januar neuer US-Finanzminister und will, bildlich gesprochen, einen gordischen Knoten zerschlagen. Denn er verfolgt verschiedene Ziele, die einzeln betrachtet durchaus nachvollziehbar und sinnvoll erscheinen. Die Krux besteht darin, die geplanten Vorhaben unter einen Hut zu bringen, denn sie sind zum Teil kaum miteinander vereinbar. Die Details.

Das Haushaltsdefizit der USA ist im vergangenen Jahr auf 8.133 Milliarden US-Dollar gestiegen. Das ist die drittgrößte Neuverschuldung in der Geschichte der USA. Nur während der Corona-Pandemie hatte Washington noch mehr Miese angehäuft. Die USA sind nun mit rund 120 Prozent des BIP verschuldet und müssen dafür jährlich mehr als eine Billion US-Dollar Zinsen zahlen. Das übersteigt sogar das Budget des Pentagon. Handlungsbedarf ist also offensichtlich.

Deutliche Absenkung der Neuverschuldung

Bessent will das US-Staatsdefizit von zuletzt mehr als 6,6 Prozent auf 3 Prozent mehr als halbieren. Dazu sollen vor allem zwei Maßnahmen beitragen. Erstens soll Trump-Buddy Elon Musk die Ausgaben Washingtons „mit der Kettensäge“ kürzen, was auch Bessent unterstützt. Das betrifft vor allem Bereiche außerhalb der USA, etwa die Entwicklungshilfe Usaid oder mehr noch die militärische und finanzielle Unterstützung der Ukraine. Das schwächt zwar die geopolitische Vormachtstellung der USA, kann aber tatsächlich erhebliche Kosten einsparen.

Die Umsetzung kostet andererseits Arbeitsplätze. Rund 100.000 Staatsbedienstete haben bereits ihren Job verloren, die Arbeitslosenquote ist zuletzt von 3,9 auf 4,1 Prozent gestiegen. Eine höhere Zahl an Arbeitslosen könnte sich langfristig negativ auf das Wirtschaftswachstum der USA auswirken. Der bereits begonnene Abschwung könnte im schlimmsten Fall in eine Rezession münden. Staatliche Ausgabenkürzungen erhöhen dieses Risiko.

Zweitens wollen die USA mit Strafzöllen die Staatseinnahmen erhöhen. Allerdings agiert US-Präsident Donald Trump hier recht erratisch, was vor allem Mexiko betrifft. Zumindest für Importe aus China und Kanada gibt es aber bereits deutlich höhere Zölle. Das treibt die Inflation tendenziell nach oben, weil es Importgüter verteuert und einheimischen Produzenten erlaubt, höhere Preise durchzusetzen. Zudem bleibt die Frage offen, wie sich insbesondere die kanadischen Gegenmaßnahmen auswirken werden. Ob die Kürzungen und Zölle tatsächlich ausreichen, um die angekündigten Steuersenkungen zu finanzieren und gleichzeitig die Neuverschuldung in den Griff zu bekommen, bleibt abzuwarten.

Öl- und Gasproduktion soll ausgeweitet werden

Gleichzeitig will die Trump-Administration die illegale Einwanderung einschränken und Immigranten in großem Stil abschieben. Dies dürfte vor allem im Niedriglohnsektor zu einer Verknappung von Arbeitskräften führen und durch steigende Löhne die Inflation unterstützen. Zudem würde Washington damit die konjunkturelle Abschwächung verstärken. Denn ohne die Zuwanderung aus dem Ausland hätte es in den USA über die letzten Jahre hinweg nachweislich überhaupt kein Wirtschaftswachstum gegeben, da die Zahl der Erwerbstätigen in den vergangenen Jahren nur durch die Zuwanderung gestiegen ist.

Schließlich will Trump die Öl- und Gasproduktion massiv ausweiten. Dazu wollen die Republikaner einen „nationalen Energienotstand“ ausrufen, um Genehmigungen für Explorationsprojekte oder den Bau von Pipelines schneller erteilen zu können. Eine höhere Produktion würde natürlich die Preise und damit die Inflation dämpfen. Und entsprechende Exporte könnten durchaus das Handelsbilanzdefizit der USA reduzieren.

Die Frage ist allerdings, ob hier die Majors mitspielen. Sie müssen sich überlegen, ob eine höhere Förderung angesichts dann fallender Preise für sie Sinn macht und sich unter dem Strich rechnet. Wer sollte schon mehr Umsatz wollen, wenn danach der Gewinn bestenfalls gleichbleibt?

Fed soll Zinsen senken

Eine entscheidende Rolle bei den Bessenomics spielt die amerikanische Notenbank. Sie soll durch Zinssenkungen einerseits das Wirtschaftswachstum ankurbeln und andererseits die Zinslast Washingtons senken. Die Terminmärkte signalisieren jedoch, dass die Fed zumindest kurzfristig nicht an der Zinsschraube drehen wird. Grund dafür sind vor allem die durch Trump gestiegenen Inflationsrisiken. Ob Fed-Chef Jerome Powell dem Drängen Bessents tatsächlich nachgeben wird, ist noch lange nicht entschieden.

Trump und wohl noch mehr Bessent verstehen sich als Männer der Wall Street und messen ihren Erfolg auch an der Entwicklung der Aktienmärkte. Hier ist die anfängliche Euphorie nach der Wahl Trumps am 5. November inzwischen ins Gegenteil gekehrt. Eine möglicherweise wieder steigende Inflation bei einer sich gleichzeitig abkühlenden Konjunktur ist ein Cocktail, der den Börsianern kaum schmecken dürfte. Angesichts dieser Gemengelage sollten Anleger andere Regionen bevorzugen. Europa lockt mit günstigen Bewertungen. Aber auch China könnte ein Comeback feiern.

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