Norbert Hagen weist auf verschiedene Risiken aber auch Chancen an den Finanzmärkten hin, die Anleger im Jahr 2025 im Auge behalten sollten.
Der Buchautor Nassim Nicholas Taleb hat den Begriff “Black Swan” geprägt. Damit bezeichnet er unvorhergesehene Ereignisse, die die Finanzmärkte erschüttern können. Im vergangenen Jahr haben sich die „schwarzen Schwäne“ weitgehend zurückgehalten. Das kann sich jederzeit ändern. Anleger sollten 2025 mit verschiedenen bislang wenig beachteten Risiken rechnen. Aber genauso gut kann es auch unerwartete Chancen geben, die die Kapitalmärkte beflügeln.
Trump scheitert mit seiner Wirtschaftspolitik
Die Wall Street begrüßt Donald Trumps zweite Amtszeit als US-Präsident. Schon in seiner ersten Präsidentschaft hatte der Immobilien-Tycoon mit Steuersenkungen die Aktienmärkte in die Höhe getrieben. Nun setzen die Anleger auf ein Déjà-vu. Hinzu kommt die Hoffnung auf eine weitgehende Deregulierung der US-Wirtschaft, etwa bei der Öl- und Gasförderung sowie in der Finanzindustrie.
Die Stimmung könnte aber schnell umschlagen, wenn sich herausstellt, dass Trumps Pläne kaum finanzierbar sind. Schon jetzt liegt die Staatsverschuldung in den USA bei mehr als 120 Prozent des BIP. Ob Strafzölle und Haushaltskürzungen ausreichen, um die Einnahmeausfälle durch Steuersenkungen zu kompensieren, darf durchaus bezweifelt werden. Eine weiter steigende Staatsverschuldung könnte zu einem Misstrauensvotum gegenüber Währung und Staatsanleihen führen. Und rasant steigende Zinsen würden das Crash-Risiko an der Wall Street deutlich erhöhen. Dieses Szenario ist zwar nicht wirklich neu, scheint aber bei den Anlegern bislang kaum eine Rolle zu spielen.
KI erweist sich als Rohrkrepierer
Der aktuelle Hype um Künstliche Intelligenz (KI) bricht zusammen. Das „Stargate“- Projekt von Trump erweist sich als Luftschloss. Den führenden KI-Unternehmen gelingt es nicht, die immensen Investitionen in die notwendigen Rechenzentren und KI-Infrastrukturen in absehbarer Zeit zu amortisieren. Die Budgets werden radikal gekürzt. Die großen amerikanischen Technologiekonzerne werden neu bewertet, sprich deutlich niedriger als bisher.
China marschiert in Taiwan ein
Das Säbelrasseln Pekings gegenüber Taipeh nimmt seit Jahren zu. Zuletzt bekräftigte Chinas Präsident Xi Jinping in seiner Neujahrsansprache, dass niemand die Wiedervereinigung des Inselstaates mit dem kommunistischen Festland verhindern könne. Xi will das „Problem“ noch während seiner Regierungszeit „lösen“. Chinas starker Mann ist 71 Jahre alt – die Uhr tickt.
Mit TSMC ist in Taiwan der mit Abstand größte Chiphersteller der Welt ansässig. Ein Krieg oder eine Invasion Chinas würde die globale Versorgung mit Halbleitern auf absehbare Zeit massiv beeinträchtigen. Die Folgen für die Weltwirtschaft und die Finanzmärkte wären kaum absehbar. Auch hier handelt es sich nicht um einen schwarzen Schwan im eigentlichen Sinne, denn die Problematik ist seit langem bekannt. Doch ähnlich wie beim Einmarsch Russlands in die Ukraine schenken die Investoren diesem Negativszenario bislang kaum Beachtung.
Konflikt im Nahen Osten eskaliert
Derzeit sieht es so aus, als würde sich die Lage in und um Gaza beruhigen. Das wäre wünschenswert, muss aber nicht so bleiben. Es ist durchaus denkbar, dass die USA unter Trump den Druck auf den Iran wegen seines Atomprogramms deutlich erhöhen. Sollte dieser Konflikt außer Kontrolle geraten, könnte der selbsternannte Gottesstaat die Straße von Hormus abriegeln. Das würde die Ölförderung und den Ölhandel massiv stören, zu Lieferengpässen führen und eine neue Ölkrise auslösen. Auch hier wären die negativen Folgen für die Weltwirtschaft und die Finanzmärkte kaum absehbar. Es sind aber auch positive Szenarien denkbar, mit denen bisher nur wenige Anleger rechnen.
Weltwirtschaft dreht auf
Trumps Wirtschaftspolitik mit Steuersenkungen und Deregulierung ist erfolgreich: Die US-Konjunktur brummt weiter. Gleichzeitig fallen die angedrohten Strafzölle aufgrund von Zugeständnissen Europas und vor allem Chinas geringer aus als befürchtet, was auch hier das Wirtschaftswachstum stützt. Und Peking macht endlich Ernst, die Probleme im Immobiliensektor zu lösen und die Wirtschaft weiter anzukurbeln. Das Wachstum der Weltwirtschaft nimmt Fahrt auf und beflügelt die Unternehmensgewinne. Angeführt von der Wall Street setzen die internationalen Aktienmärkte ihre Rally fort.
Ölflut unterstützt Weltwirtschaft zusätzlich
Trump gelingt es, den Krieg in der Ukraine in absehbarer Zeit zu beenden und den Konflikt mit dem Iran zu deeskalieren. Gleichzeitig steigt die Öl- und Gasproduktion in den USA dank umfangreicher Deregulierungen. Die Weltwirtschaft schwimmt in preiswertem Öl, wächst deutlich stärker als erwartet. Auch das sorgt für gute Stimmung an den Börsen.